Vitamin D Versorgung in Deutschland

Auszug aus meinem Buch.

Die Mikronährstoffversorgung in Deutschland ist oft mangelhaft

 

Makro und Mikronährstoffversorgung in Deutschland

Was können wir uns unter diesen Begriffen vorstellen? Makro=groß bedeutet in der Ernährungswissenschaft, die Fette, die Kohlenhydrate und das Eiweiß. Die Makronährstoffe versorgen uns unter anderem mit Energie

Mikro= sehr klein, bedeuten dann alles andere in unserer Nahrung. Also die Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und sekundären Pflanzenstoffe.

In Deutschland sind wir vor allem mit den Makronährstoffen gut versorgt. Wir leiden kein Hunger, wie leider sehr viele Menschen auf diesem Planeten. Im Gegenteil, wir nehmen zu viel Energie auf und werden dadurch mehr und mehr zu einer adipösen Gesellschaft.

 

Anteil der schweren Adipositas in Deutschland nimmt zu

Fettleibigkeit in Europa: Deutsche haben in Moppel-Liga den Bauch vorn - DER SPIEGEL

Wie konnte uns das passieren und warum haben im Vergleich die Franzosen nicht so viele übergewichtige Menschen? Ich habe ja bereits über politische und verhaltensorientierte Zusammenhänge gesprochen. Das erklärt aber längst nicht alles. Im Grunde sind wir ja selber schuld. Wir wissen doch, was zu Übergewicht führt. In den Kapiteln “Was uns eigentlich dick macht”, “das adipöse Deutschland”, finden sich mehr Hinweise.

 

Die Mikronährstoffe sind zum Problemkind in unserer Gesellschaft geworden. Der Jodmangel war so erheblich, dass der Gesetzgeber Jod als Supplement im Salz empfiehlt.

Jodversorgung in Deutschland wieder rückläufig – Tipps für eine gute Jodversorgung

(…)Da die Jodgehalte im Boden gering sind, enthalten Agrarprodukte sehr wenig Jod. Meeresfisch und -früchte weisen dagegen hohe Jodgehalte auf, tragen aber aufgrund der geringen Verzehrhäufigkeit nicht maßgeblich zur Jodversorgung bei. Insgesamt reichen die natürlichen Jodgehalte unserer Lebensmittel nicht aus, um in Deutschland eine ausreichende Jodzufuhr der Bevölkerung sicherzustellen. Durch die seit Mitte der 1980er Jahre empfohlene Maßnahme, jodiertes Speisesalz in der Lebensmittelindustrie und im Lebensmittelhandwerk sowie in Privathaushalten zu verwenden, konnte die Jodversorgung der deutschen Bevölkerung verbessert werden.(…)

Quelle:

https://www.bfr.bund.de/de/jodversorgung_in_deutschland_wieder_ruecklaeufig___tipps_fuer_eine_gute_jodversorgung-128626.html

Ein weiterer Inhaltsstoff ist das Vitamin D. 

Das Bfr meint dazu:https://www.bfr.bund.de/de/ausgewaehlte_fragen_und_antworten_zu_vitamin_d-131898.html

Meine Erfahrung und Meinung dazu ist, dass die meisten meiner KlientInnen die wünschens­werte Blut­konzentration des Markers 25-Hydroxyvitamin D von 50 nanomol pro Liter nicht erreichen. Das Dilemma ist die Interpretation dieser Datenlage. Das Thema wird teilweise schon seit Jahrzehnten heftig diskutiert.

(…)

Blutmarker für den Vitamin-D-Status ist die Konzentration des 25-Hydroxy-Vitamin-D (siehe Kasten). International gilt ein Spiegel von mehr als 30 ng/ml (= 75 nmol/l) als optimal, 20 bis 29 ng/ml werden als ausreichend angesehen. Bei 10 bis 19 ng/ml spricht man von einer Insuffizienz, bei unter 10 ng/ml von einer Defizienz, also einem schweren Mangel. Vitamin-D-Experte Professor Dr. Michael F. Holick von der Universität Boston gibt als sichere Obergrenze 100 ng/ml an. Der toxische Bereich liegt bei Werten ab 150 ng/ml.

(…)

 

Demnach liegt der Blutwert hierzulande im Zeitraum zwischen November und April bei 68 Prozent der Männer und bei 61 Prozent der Frauen unterhalb 20 ng/ml. Jeder fünfte Mann und jede fünfte Frau haben sogar weniger als 10 ng/ml, also einen schweren Mangel.

Quelle: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-062012/vitamin-d-das-hormon-der-streithaehne/

Achtung! Achten Sie bitte auf die Einheiten, falls sie nun Ihren Vitamin D Status messen lassen wollen. Auf den Blutbildern finde ich die Einheit ng/ml. Dort sollte mindestens eine Zahl von >30 ng/ml auftauchen.

Und nun? Wer jetzt selbst auf die Suche geht, wird schnell zwischen die Fronten der Interpretation aller Ergebnisse kommen. Warum ist das so? Mikronährstoffe lassen sich halt gut vermarkten und sind ein wachsendes Geschäft. Die Grenzen zwischen Notwendigkeiten und geschicktem Marketing sind fließend. Wissenschaftler geraten so schnell in Interessenkonflikte. Gerade, wenn sie sich auf ein Produkt beziehen.

Ich habe mich selbst einst auf ein Produkt eingelassen, welches ich in den 90er Jahren kennengelernt habe. Es ist Juice Plus. Ein amerikanisches Unternehmen, welches seinerzeit mal die Feuermelder mit erfand und über Wasser und Luftfilter in den 90er Jahren zur Nahrungsergänzung fand. Die Idee dahinter war, die Menschen mit mehr frischem Gemüse und Obst zu versorgen. Also kamen sie damals auf die Idee, Gemüse und Obst zu versaften. Heute nennt man das den Smoothie. Dazu stellten sie Geräte her, die das gut konnten. Die Bequemlichkeit der Menschen führte dazu, dass sich daraus Pillen entwickelten. Nun kann man Gemüse, Obst und Beeren als Pille schlucken. 

Life Style Produkt Juice Plus

Egal, wo ich mit diesem Thema beginne, werden sich für den Leser immer neue Fragen aufwerfen. 

(…)

Trotz dieser Zahlen hält die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie den Vitamin-D-Mangel in Deutschland für überbewertet. »Ausgeprägte Mangelzustände, die bei einem Abfall der Werte auf unter etwa 10 ng/ml Blut auftreten können, sind sehr selten«, versichert deren Sprecher, Professor Dr. Helmut Schatz. Die meisten Menschen hätten auch im Winter nur unbedenklich niedrige Vitamin-D-Spiegel.

 

Worm und andere Forscher sind da ganz anderer Meinung. Dem Ökotrophologen zufolge kann nach heutigem Wissen sogar erst bei einem Vitamin-D-Spiegel von mehr als 30 ng/ml von einer physiologisch sinnvollen, suffizienten Versorgung ausgegangen werden. Auch Holick siedelt den therapeutischen Zielwert zwischen 30 und 40 ng/ml an. Die US-amerikanische Fachgesellschaft für Endokrinologie empfiehlt in ihren neuen Leitlinien für Erwachsene eine tägliche Zufuhr von 1500 bis 2000 IE Vitamin D zur Vorbeugung eines Mangels. Die maximale Dosierung gemäß der amerikanischen Leitlinie liegt bei 10 000 IE pro Tag.

 

Die DGE ist zurückhaltender. Sie bezieht sich auf den Grenzwert von 20 ng/ml. Um diese Konzentration im Blut zu erreichen, gibt sie als neuen Referenzwert für die Vitamin-D-Zufuhr unter der Annahme einer fehlenden körpereigenen Bildung 20 µg (= 800 IE) Vitamin D pro Tag an. Über die Ernährung nehmen Jugendliche und Erwachsene üblicherweise 2 bis 4 µg (= 80 bis 160 IE) Vitamin D pro Tag auf. Diese Menge reicht also bei Weitem nicht aus, um die empfohlenen 20 µg pro Tag zu erreichen. (…)

Quelle: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-062012/vitamin-d-das-hormon-der-streithaehne/

 

Wie man unschwer erkennen kann, gibt es hier offensichtlich keine Einigung zwischen den verschiedenen Fachleuten und Fachverbänden.

Gibt es noch andere Mikronährstoffe, an denen es mangelt?

Hier ein kleiner Auszug aus einem Fachartikel: Ernährung & Medizin 2021; 36(04): 172-180

DOI: 10.1055/a-1593-8153

Nährstoffversorgung in Deutschland und Auswirkung auf die Gesundheit

Allgemeine Bevölkerung und Risikogruppen

Manfred Eggersdorfer , Thomas Schettler

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Zusammenfassung

Betrachtet man die Ernährungssituation der allgemeinen Bevölkerung in Deutschland, so zeigt sich, dass die Menschen zwar gut mit Nahrungsmitteln versorgt sind, aber keinen „guten“ Lebensstil bezüglich Bewegung, Körpergewicht und der Zufuhr von essenziellen Mikronährstoffen haben. Dasselbe gilt auch für bestimmte Risikogruppen wie Ältere, Schwangere oder Personen mit chronischen Erkrankungen. Eine gute Nährstoffversorgung wirkt sich jedoch auf viele Lebensbereiche aus, z. B. dem Schutz vor kardiometabolischen Erkrankungen, Diabetes mellitus Typ 2 oder auch der Widerstandsfähigkeit gegen Infektionen und allgemeine physische und psychische Stressoren.

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:

  1. Dezember 2021 (online)

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Quelle: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/a-1593-8153